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Jedermanns Abrechnung

 

Es ist zu laut in der Bar.
Zu unerträglich für die Ohren.
Zu schrecklich für den letzten Drink.
Zu verwirrend für die Seele.

Lange Zeit rannte ich davon,
entkam gekonnt dem Urteil.
Alles besaß ich im Leben,
bin reich und traumerfüllt.

Als wäre die Zeit ewig
als wäre mein Leben unendlich.
Als blieben meine Taten
für alle Zeiten ungestraft.


Da sehe ich ihn
am Eingang der Bar
mit glitzerndem Dolch
in knöcherner Hand.

Sein Blick fällt starr
und verachtend auf mich,
Trinke Whiskey und
küsse Luisa.

Als wäre die Zeit ewig
als wäre mein Leben unendlich.
Als blieben meine Taten
für alle Zeiten ungestraft.


Hab mein Ticket nicht gelöst,
das mich nach Hause bringt.
Spür das Messer schon dort,
wo das Herz um Gnade fleht.

Bisher geleugnet sein Dasein -
jetzt steh’ ich ihm gegenüber.
Verwirrt, entrückt und doch -
aller Widerstand fällt.

Luisa und der Whisky,
alles verschwimmt.
Löst sich schauernd auf
vor dem kalten Rächer.

Eine Feder fällt,
ein Herz verblutet.
Am Boden krampfend
sehe ich Dollars und nackte Beine.

Als wäre die Zeit ewig
als wäre mein Leben unendlich.
Als blieben meine Taten
für alle Zeiten ungestraft.

Und Tränen fallen auf mich.
Von wem sie stammen, weiß ich nicht.
"Lange Zeit gab ich dir,
doch du hörtest meine Stimme nicht!"

Es ist zu laut in der Bar.
Zu verwirrend für die Seele.
Zu unerträglich das Elend.
Der Tod - eine Gnade für mich.

 

©Michael Kalters

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