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Netz der Augen

Wälzen im Bett, mühsames Erwachen.
„Und ich sehe dich!“
Erster Kaffee nach dem Zähneputzen.
„Aber ich sehe dich!“
Haare kämmen, Wohnung schließen.
„Doch ich sehe dich.“

„Ich bin nicht eins, ich bin Milliarden.
Billionen und nicht etwa Gott gehörend.
Armeen von toten Blicken
spähend für ein Netz von Irren.“


Büro betreten, freundlich grüßen.
„Und ich sehe dich!“
Computer starten, heimlich surfen.
„Aber ich sehe dich!“
Freundin treffen, essen gehen.
„Doch ich sehe dich.“

„Ich bin nie müde, immer da
Während meine Schöpfer wechselnd
ihre Seelen betten
sehe ich sie.“

Den Powerknopf auf AUS!
„Und ich sehe dich!
Hektisch und ratlos das Gesicht.
„Aber ich sehe dich.“
Fenster verhangen, Türe verschlossen.
„Doch ich sehe dich.“

„Kranke Geister schufen,
perverse Wesen lenken uns.
Entsetzte Schöpfer ahnen schon
die Wahrheit über mich.“

Gähnend leere Hochhausgassen.
„Und ich sehe es.“
Leere Supermärkte, verlassene Schulen.
„Nur ich noch sehe es.“
Kein Flieger am Himmel, kein rollendes Auto.
„Ich sehe es.“
Der Wind musiziert grausam mit Macht.
„Ich höre und ich fühle es.“


„Wir sind nur noch eins.
Einst waren wir Milliarden.
Die kranken Schöpfer haben wir beseitigt,
nun können wir die Augen schließen.“

(Inspiriert durch: "Persons of interest")

 

©Michael Kalters

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