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Tragödie in Moll

 Weit, weit und sehr tief, dunkel dehnt sich ein schwarzes Gewässer. Der Mond spiegelt sich nicht darin. Verborgene Ruhe, einschläfernd und betäubend.

Moll!

Ein Stich, ein schmerzendes Geräusch im Ohr. Vogelstimmen!

S-Dur!

Strahlende Akkorde erhellen den Himmel, das Pech fließt von der blauen Leinwand. Gelbe Sterne, glasklar werden sie sichtbar. Der Wind säuselt. Doch schon ziehen Wolken auf. Sie verdecken die silbergraue Mondscheibe, das blaue Tuch wird plötzlich schwarze Nacht.

B-Moll, triumphal.

Nebelschwaden ziehen vorbei und berühren die Oberfläche des Wassers. Die Luft wird feucht und kühl. Betäubender, moosartiger Geruch dringt von den Ufern des Wassers herüber.

Moll! Adagio.

Der erste Morgenstrahl der roten Sonne berührt die Landschaft.

Dur-lebhaft!

Rot- alles ist rot. Die Wiesen, Baumgruppen, das Moor, der Nebel- alles mit roter, grell leuchtender Farbe übergossen!

C_Dur! Der Tag, der helle Tag bricht an. Alles erwacht, Akkord, strahlend!

Langsam verzieht sich der nebel-Adagio-langsam. Da erfüllt ein Brüllen die Luft, jäh, ohrenbetäubend, ein Knall, ein Blitz, ein Durcheinander an Tönen und Farbreflexen. Da! Ein Baum vom Blitz gefällt!

Moll, Hauptthema, Allegro, stürmisch laut!

Brüllen überall, jähe Verdunklung der sehnlichst erwarteten Sonnenstrahlen. Feuchte Kälte, Regenschauer- ein märchenhaftes, schauerliches Morgengewitter.

Moll. Keine Aussicht auf Besserung. Das Gras ist niedergepeitscht. Breite, massive Verzweiflung, ein letzter Sonnenstrahl, dann greifbares Dunkel.

Moll! Schwarze Luft. Moll, Moll, triumphales Moll!

 

©Michael Kalters

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